Er hetzt mit bartstoppeligem und schwarzgefärbtem Gesicht und rasendem Puls durch den Wald. Morsche, unter dem Gewicht seiner fliehenden Schritte zerbrechende Äste knacksen im Unterholz.
Er rennt keuchend einen steilen, unwegsamen Waldhang hinauf. Hinter ihm hört er schon die kläffenden Hunde näher kommen. Ihm ist so, als könne er bereits ihren heißen Atem spüren, der durch die gefletschten Zähne in die kühle Waldluft dringt.
Da – ein Bächlein, eigentlich nur ein besseres Rinnsal, durch die Regenfälle der letzten Tage aber etwas angewachsen. Er folgt dem schmalen Bachlauf über glitschige Steine und auf faulig riechendem, tiefgrünem, vollgesogenem Moos.
Die Hundemeute hinter ihm stockt. Die Spur des Wilderers – seine Spur – verliert sich im feuchten Dunkel des Waldes.
Er klettert noch eine etwa 5 Meter hohe Felswand empor. Das sollte ihm endgültig das Entkommen sichern. Dieses Mal.
Die Verfolger geben auf, können ihm im Dickicht fernab der geländefahrzeugerprobten Forststraßen nun nicht mehr folgen.
Er steigt verschwitzt und auch ein wenig entkräftet auf einem verborgenen, nur ihm und seinen gesinnungsgleichen Kameraden bekannten Steig hinab ins Tal. Die bislang umgehängte Beute versteckt er nun so gut es geht tief unten im Rucksack, obwohl er weiß, dass ihm das im Falle einer Kontrolle nicht helfen würde.
Sollten sie ihn entdecken – sie würden gnadenlos Jagd auf ihn machen und ihm alles wegnehmen.
Bevor er sich seinem Wohnhaus nähert, bringt er deshalb das Ergebnis der verbotenen – heute aber äußerst erfolgreichen – Jagd in ein geheimes Versteck.
Die schwarze Gesichtsfarbe – zur Tarnung angebracht – die seine dunklen Augen noch verwegener funkeln läßt, muß er sich an einem Bachlauf ebenso abwaschen, wie alle sonstigen verräterischen Spuren seines verbotenen Tuns entfernen.
Zu gefährlich sind etwaige Denunzianten im Dorf. Gefährlich auch für die Seinen und wohlgesinnte Mitwisser, seit so rigoros und gnadenlos gegen diese neue Form der Wilderei vorgegangen wird.
Zu Hause – in Sicherheit – erinnert er sich an frühere, an glücklichere Zeiten, als seine Art der Jagd noch anerkannt, beliebt und vor allem legal war.
Heute ist alles anders. In jüngeren Jahren hätte er nie geglaubt, dass auch er einmal von den „guten alten Zeiten“ träumen würde. Seine Trophäen darf er nun nicht einmal mehr im Freundeskreis zeigen, geschweige denn sie gar öffentlich zu präsentieren, so wie er es dereinst so gerne tat.
Gewiß, er vermißt diese Zeit. Aber im Grunde ist er ohnehin nur immer für sich selbst auf die Jagd gegangen, nie zum Ruhm oder aus Angeberei, und schon gar nicht des schnöden Mammons wegen.
Vertieft in seine melancholischen Gedanken und zurückgezogen in die Erinnerung freudvollerer und vor allem freierer Tage, nimmt er das drohende und fordernde Klopfen und Hämmern an der Eingangstür nur mehr wie in Trance in weiter Entfernung wahr.
Sie haben ihn gefunden.
Er hat gewußt, dass es einmal so weit kommen wird.
In den Augenwinkeln erkennt er, wie sie polternd die letzten Stufen in den ersten Stock herauf stürmen und sein Refugium besetzen und all seine wertvollen Schätze und Trophäen beschlagnahmen, von den Wänden reissen und aus den Schubladen ziehen.
Sie – die Herren der österreichischen Bundesforste.
Er – der wanderbegeisterte Naturfotograf, dessen einziges Vergehen darin besteht, die Schönheit der Wälder und Berge auf Fotos abbilden zu wollen.
Um aber nicht in Gefahr einer Klage zu geraten, werde ich künftig meine Wanderungen ungefähr so dokumentieren:
Dass es für Hubschrauberlandungen und Durchfahrtsgenehmigungen Gebühren gibt, finde ich ja vollkommen in Ordnung. Aber bei den Ausnahmen fehlt mir irgendwie ein Hinweis auf meine Art von Foto und Film.
Bei den aufgezählten Ausnahmen bin ich jedenfalls nicht dabei:
Der 1. April liegt schon lange zurück, für einen Faschingsscherz ist es noch zu früh.
Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian