Aus Richtung Westen heranziehendes Schlechtwetter, bis zur Linie Oberkärnten – Dachsteingebirge – Salzkammergut ist mit heftigen Regengüssen und Gewittern zu rechnen. Vom Sengsengebirge und den Gurktaler Alpen ostwärts dagegen Badewetter mit Temperaturen nahe 30° Celsius.
Also kurzerhand ein Wanderziel im vermeintlich warmen Osten ausgesucht. In den zur Gebirgsgruppe der Ennstaler Alpen zählenden Eisenerzer Alpen fehlen ja noch einige Gipfel, beispielsweise der Eisenerzer Reichenstein.
Schenkt man dem Buch „Bertourenparadies Steiermark“ von Günter und Luise Auferbauer Glauben, in dem akribisch alle steirischen 2000er vom Dachstein bis zur Koralpe aufgelistet sind, gilt der Eisenerzer Reichenstein als eine der großen „Bergpersönlichkeiten“, deren klingender Name weit über die Ennstaler Alpen hinausreicht.
Auch die im Vorfeld erhaltenen Informationen über die Gefährlichkeit des Gipfels flößten mir einiges an Respekt ein und trieben die Erwartungen hoch.
Nach absolvierter Tour muß ich leider gestehen, dass ich die Faszination an diesem Berg nicht wirklich zu teilen vermag.
Ob es letztlich daran lag, dass sich das reale Wetter von der Prognose wieder einmal abnabelte und statt wärmender Sonne kalter Wind die Nebelfetzen über Geländekanten peitschte oder dass der Berg eigentlich kaum aus den erwarteten Felsen sondern überwiegend aus erdig-rutschigen Steigen bestand, ich vermag es nicht zu sagen.
So bleibt mir nur die Vermutung, dass der Eisenerzer Reichenstein bei besten Wetterverhältnissen und trockenen Wegbedingungen schon seine Reize haben wird.
Die Reichensteinhütte nahe dem Gipfelkreuz sowie die Steinböcke sind ja durchaus fotogen. Auch die heutige Nebel-/Wolkenstimmung hatte ihre Reize, wenn man die damit verbundene unangenehme Kälte ausblendet.
Das Tourengebiet
Bundesland: Steiermark
Tourenregion: Präbichl – Eisenerzer Alpen
Wandergemeinden: Vordernberg / Eisenerz
Ausgangspunkt: Paßhöhe am Präbichl
Gebirgsgruppe: Ennstaler Alpen
Landkartenausschnitte © BEV 2009, Vervielfältigt mit Genehmigung des BEV © Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2009/52304
Die Anfahrt
Bei der Anreise wählten wir die Route über Admont und das Gesäuse nach Hieflau und weiter über Eisenerz auf den Präbichl.
Die Rückreise erfolgte über Vordernberg und Trofaich zur Pyhrnautobahn A9.
Von der Fahrzeit liegen beide Routen in etwa gleich auf bei 1 Stunde 30 Minuten. Entfernungsmäßig ist allerdings die Gesäusestrecke rund 17 Kilometer kürzer.
Die Wegbeschreibung
Wir starten vom großen Parkplatz beim Präbichlerhof. Während wir uns bei der Anfahrt über weitgehend blauen Morgenhimmel erfreuen durften, zeigten sich beim Näherkommen die Gipfel um den Eisenerzer Reichenstein nicht gerade einladend. Ein dicker Nebel-/Wolkenwuzzel schob sich aus Süden über den Kammverlauf und ließ keine Ausblicke auf unser Anstiegsgebiet zu.
Dichter Nebel und starker Wind erforderten etwas Überwindung, aus dem Auto auszusteigen. Am besten schnell raus und rasch Höhenmeter gewinnen.
Feine Wassertröpfchen lagen in der Luft. Kurzzeitig aber Hoffnung, als sich die Nebelwand lichtete und Ausblicke auf Almwiesen mit Kühen freigab. Der solcherart idyllische Almeindruck war aber nur von kurzer Dauer. Bald waren wir im peitschenden Wind wieder von Nebel eingehüllt.
Beim Rösselhals verließen wir den markierten Wanderweg und folgten im hohen Grase einem ansatzweise erkennbaren Steiglein zur Aussichtsplattform am Rössel mit interessantem Tieflick auf den Erzberg.
Bald ging es wieder zurück zur Wandermarkierung, die sich bald darauf gabelte. Wir entschieden uns für die linke SCHWARZ markierte Abzweigung über die Stiege. Der einfachere, mit Schwierigkeit ROT gekennzeichnete Normalweg führt nach rechts über ausgeprägte Serpentinen höher.
Bei der Variante „Für Geübte“ über die Stiege wird ein felsiger Abschnitt mit Hilfe von Drahtseilen und auf Eisenstiegen überwunden. Alles in allem dank der guten Absicherungen aber absolut kein Problem.
Kurz nach dem Felsabschnitt treffen die beiden Wegrouten wieder aufeinander. In etlichen einfach beschreitbaren Kehren auf breitem Steig geht es nun höher.
Nicht weit von uns entfernt entdecken wir eine Steinbock-Gruppe. Die Steinböcke üben sich gerade in Machtspielchen. Auf den Hinterbeinen stehend, die Vorderbeine hoch in der Luft, wird kräftig Schwung geholt und dann prallen die Kontrahenten mit ihren großen, geschwungenen, ausgeprägten Hörnern aufeinander.
Scharf und laut hallt der Aufprall in den umgebenden Felswänden wieder. Ein herrliches Schauspiel, von dem wir uns nur losreissen können, weil wir weiter oben – zur Linken – bereits das Gipfelkreuz erkennen. Weiter rechts, fast auf gleicher Höhe, die Reichensteinhütte.
Zunächst steuern wir auf einem der sich nun zahlreich verstreuenden Wegvarianten das Gipfelkreuz am Eisenerzer Reichenstein an. Mittlerweile haben wir sämtliche Kleidungsreserven angezogen. Dennoch will am Gipfel keine rechte Gemütlichkeit einkehren, so dass wir schon bald wieder abstiegen, um die wenigen Meter hinüber zur Reichensteinhütte zurückzulegen, wobei Hütte bei diesem großen Haus eine starke Untertreibung ist. Ein Rätsel geben uns die in einem Fahrradständer abgestellten Fahrräder auf ;-).
In einem Bogen überwandern wir in der Folge die der Hütte südlich und südwestlich vorgelagerten Hügelerhebungen und das weite, nahezu ebene Grasplateau. Weiter westlich geht es ein kurzes Stück in den Reichhals bergab. Von hier zweigt ein Wandersteig Richtung Süden zur Krumpalm ab, den wir aber links liegen lassen, um in der Folge neuerlich auf den Hieflerkogel, einem wenige Meter südlich des markierten Wanderweges liegenden Gipfels, aufzusteigen.
Beim folgenden, steil nach unten führenden und recht anspruchsvollen Wegstück, helfen viele Drahtsteilsicherungen über die teils glatten Felsstücke und über ausgesetzte, schmale, steinige Steigabschnitte runter in die Große Scharte.
Bevor wir dem Wegweiser aber hier nordwärts über das Bärenkarl Richtung Eisenerz folgen, heißt es neuerlich Höhenmeter zu machen. Über steile Wiesenhänge schlängelt sich ein schmales Weglein bergan und bald stehen wir beim Gipfelkreuz auf der Hohen Lins.
Unseren Plan, über den Theklasteig auch noch das weiter westlich liegende Linseck anzuvisieren, verwerfen wir aber auf Grund des neuerlich einfallenden dichten Nebels bei starkem Wind wieder sehr schnell. Jetzt wollen wir nur noch rasch auf die windgeschützte Nordseite des Reichenstein-Massivs.
Beim Rückweg nehmen wir nun auch noch den Hocheller-Gipfel mit, dessen Höhenangaben in diversen Landkarten und Wanderführern stark voneinander abweichen und zwischen 1.980 und 2.006 Meter Höhe liegen. Meine GPS-Messung – bei der benachbarten Hohen Lins stimmte sie exakt – ergab eine Höhe von 2.014 Metern.
Zurück in der Großen Scharte führt der teils ausgewaschene Weg nun sehr steil Richtung Norden hinab. Das Positive: Endlich kein Wind mehr. Sorgsam und konzentriert müssen wir unsere Schritte setzen, um nicht ins Rutschen zu kommen. Die Wegmarkierung ist nicht schlecht, der Weg sieht aber nicht sonderlich stark begangen aus.
Im Umfeld vom Bärenkarl folgt ein etwas ebenerer Wegabschnitt, bald aber gilt es wieder sehr steil und weit ins Tal abfallende Wiesenhänge zu queren.
Der Steig ist stark verwachsen und zunehmend mischen sich nun auch Brennessel unter das hohe Gras. Besonders dicht wurde ihr Bewuchs im Umfeld der verfallenden, aber sehr idyllischen Geißalm, wo wir den markierten Wanderweg aus den Augen verloren.
Nur dank GPS fanden wir dann über einen steilen, farnbewachsenen Waldhang wieder zu diesem zurück. Die Brennessel und sonstige stechende und Juckreiz hervorrufende Gewächse wurden deshalb aber nicht weniger. So waren wir sehr froh, am Südende des Erzberges bei der Plattenalm wieder freieres Gelände erreicht zu haben, auch wenn im Umfeld des Werksgeländes unangenehme Schlammgerüche die Nase malträtierten.
Also ganz ehrlich – diesen Weg würde ich nicht mehr gehen und könnte ihn auch nicht guten Gewissens weiter empfehlen.
Über eine liebliche Kapelle mit Rastbänken ging es auf einer Asphaltstraße hinab zur Präbichl-Paßhöhe und über die Schotterstraße wieder 500 Meter hinauf zum Ausgangspunkt beim Präbichlerhof.
Weitere Touren um Vordernberg und Eisenerz
- Wandertour auf Vordernberger Griesmauer und TAC-Spitze
- Gößeck und Reiting-Überschreitung
- Wanderung über Kaiserschild, Kaiserwart und Hochkogel
- Bergtour Lugauer-Überschreitung
Von der Steigbeschaffenheit hat uns diese Tour sehr an den „Schokoladenweg“ auf das Zeiritzkampel erinnert.
Namensvettern des Eisenerzer Reichenstein
Von den drei bisher besuchten „Reichensteinen“ – allesamt in der Steiermark gelegen – war der Eisenerzer Reichenstein (2.165) der am einfachsten bewältigbare.
Der schwierigste, anspruchsvollste und gefährlichste war der Admonter Reichenstein (2.251) über der Mödlinger Hütte.
Und irgendwo dazwischen liegt der Reichenstein (1.913) über dem Grundlsee, ein Nachbar des einfacher erreichbaren und bekannteren Backenstein.
Weitere Wandertouren mit Steinbock-Berührung
Gämse gelten ja schon fast „normal“ auf einer Wandertour, die majestätischen Steinböcke sind aber immer wieder ein besonderes Erlebnis. Deshalb nachfolgend einige Touren mit (guten) Chancen, diese edlen Alpentiere anzutreffen.
- Steinbock-Schaun am Gößeck
- Wandertour Schneibstein – Windschartenkopf – Hochseeleinkopf (Hagengebirge / Berchtesgadener Alpen)
- Bergtour Multereck – Grimming-Überschreitung (Dachsteingebirge)
- Wanderung Hohensee – Schimpelsee – Süßleiteck (Schladminger Tauern)
Weitere Informationen zur Tour
Tourenstatistik im Tourenbuch
Alle Tourenfotos im Tourenalbum
Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian
Tags: Eisenerz, Eisenerzer Alpen, Ennstaler Alpen, Präbichl, Steiermark, Tourenbericht, Vordernberg
[…] Wandertour Eisenerzer Reichenstein – Hohe Lins (Ennstaler Alpen am 12.08.2010) […]