Seit ich vor etwas mehr als 9 Jahren begonnen habe, über meine Bergtouren Buch zu führen, bemühe ich mich auch um eine Bewertung der jeweiligen Wanderung.
Dafür habe ich mich für das österreichische Schulnotensystem entschieden: 1 steht für eine wunderschöne, herausragende Unternehmung, ein „5-er“ für eine miserable Tour, die ich mir auf jeden Fall hätte sparen können.
Häufig ist es bei der Beurteilung gar nicht so einfach, mit nur 5 Noten auskommen zu müssen, vielfach hätte ich mir auch schon Zwischenschritte gewünscht – so ähnlich mag es wohl auch vielen Lehrern gehen.
Bei den jährlichen Wandererlebnissen mit meinem guten Foto- und Bergkameraden Martin habe ich es allerdings immer sehr einfach: Die gemeinsamen Stunden in den Bergen zählen jedes Jahr zu den alpinistischen und/oder fotografischen Höhepunkten des Jahres.
Was macht aber nun eigentlich eine herausragende Wanderung aus?
- Da ist zunächst einmal das Wandergebiet selbst, die landschaftlichen Sehenswürdigkeiten und Ausblicke
- Einen wesentlichen Anteil am Gelingen einer Tour haben natürlich auch die Begleiter
- Das Wetter ist ebenfalls ein wichtiger Punkt
- Und dann sind es auch noch viele kleine, meist nicht planbare Erlebnisse wie unerwartete Tierbegegnungen, üppige Pflanzenvielfalt oder humorvolle Begebenheiten und interessante Erzählungen, die zur besonderen Würze einer Bergtour beitragen
- Eine mehr oder weniger große sportliche Herausforderung – sei es in der Länge der Tour oder auch in der Schwierigkeit – trägt natürlich auch dazu bei, dem Erlebten noch mehr Bedeutung beizumessen
- Für Fotografen spielt das entsprechende Licht natürlich auch eine große Rolle
- Und wird die Wanderung dann auch noch durch eine gemeinsame, fröhliche Einkehr abgerundet, hat man wohl alle Zutaten für ein unvergessliches Erlebnis beisammen
Und ohne Übertreibung darf ich sagen/schreiben, dass bei den Bergtouren mit Martin jedes Jahr alle diese Einzelpunkte zusammenkommen.
Zugegeben: Wir machen es uns in der Regel nicht einfach und es gelingt uns auch so gut wie nie, beim ersten anvisierten Termin zu starten. Natürlich legen wir bereits vorab großen Wert darauf, dass zumindest wettermäßig und lichttechnisch mit guten Voraussetzungen zu rechnen ist. Die Tourenziele sind keine „Allerweltsrouten“, sondern meist nur wenigen Einheimischen vertraut, wenngleich wir heuer mit dieser Tradition – zumindest teilweise – gebrochen haben, indem wir uns dafür entschieden haben, den berühmten Klafferkessel zu durchschreiten.
Auf Grund seiner Größe steigt man sich dort aber auch dann nicht auf die Zehen, wenn Dutzende Wanderer zeitgleich unterwegs sind, obwohl es heute vor allem am Vormittag aber ohnehin überraschend einsam war.
Kennern des Klafferkessels muss man dessen landschaftliche Schönheit und „Ursprünglichkeit“ ohnehin nicht näher beschreiben, diejenigen, die ihn noch nicht kennen, kann man ihn getrost und ohne Übertreibung als eine der größten Naturschönheiten empfehlen, welche die Niederen Tauern zu bieten haben.
Das Tourengebiet
Der Routenverlauf
Parkplatz Riesachfall – Untere Steinwenderalm – Huberalm – Unterer Klaffersee – Rauhenbergsee – Greifenstein – Klafferkessel – Oberer Klaffersee – Breite Scharte – Waldhorntörl – Kapuzinersee – Preintalerhütte – Höllsteig – Riesachfall
Die Tourbeschreibung
Für unseren heutigen (03.08.2013) Besuch im Klafferkessel wählten wir eine wenig bekannte und auch wenig begangene, nicht markierte Route, die zudem dem geübten, trittsicheren Bergwanderer vorbehalten bleibt, der auch die Orientierungssuche im teilweise überwucherten und verwachsenen Steilgelände nicht scheut. Da bei dieser Wanderung „jagdtechnisch sensibles“ Gebiet betreten wird, sollte man keinesfalls zu früh oder zu spät starten und dem Gebiet vor allem auch zur Jagdsaison fernbleiben.
Aus diesem Grund entfällt hier auch eine detaillierte Gebietsbeschreibung, der Waldsteig bis zur Huberalm ist aber ohnehin auch in den Landkarten verzeichnet. Danach folgt wegloses Steilgelände auf dem wir nach einer in üppigen und saftigen Grün leuchtenden Wiese ein Stück von einem (laut Martin etwas „räudigen“) Füchslein begleitet werden, hinauf bis zum Unteren Klaffersee, in dessen Umfeld wir unsere ersten fotografischen Leckerbissen ins Fotoapparat-Gehäuse bekamen.
Vom Unteren Klaffersee leitet uns ein recht gut erkennbares Steiglein weiter – hinauf zum Rauhenbergsee, der westlich vom sehr resptekteinflößenden Rauhenberg begrenzt wird. Südlich des Seekessels erhebt sich der einfacher besteigbare Greifenberg – der Standardgipfel bei der Klafferkessel-Runde von der Gollinghütte zur Preintalerhütte oder umgekehrt.
Beim nächsten Seelein erwartet uns eine kleine Überraschung. Das Gewässer ist noch zur Hälfte von Eis und Schnee bedeckt. Martin wollte umgehend die Tragfähigkeit der kalten Pracht erforschen.
Weiter gehts Richtung Osten, dem aus dieser Perspektive an einen Backenzahn erinnernden Greifenstein entgegen (ja, ja Martin, Du hast ja recht :-)).
Beim nächsten See“lein“ die nächste Überraschung: Gerüchte, wonach ich durch meinen Sprung in diesen See für die Klimaerwärmung verwantwortlich wäre, weise ich entschieden zurück.
Aus der Ferne erkundeten wir die Aufstiegsmöglichkeiten auf den Greifenstein, aber irgendwie war uns nicht ganz wohl zumute angesichts der steilen Grasflanke. Und auch die felsige Schneide wirkte nicht einladender. Also genossen wir – nach Einkühlung unserer von Martin bereits traditionell mitgebrachten „Erfrischungsgetränke„, deren Genuß wir uns nicht auf dem ausgesetzten Gipfel zutrauten – zunächst einmal die wunderbare Aussicht.
Irgendwann aber konnten wir uns nicht mehr vor der sportlichen Herausforderung drücken. Mit gemischten Gefühlen, enormen Respekt und vielleicht auch etwas „Mulmigkeit“ hantelten wir uns im stacheligen Gras über die ausgesetzte, fast senkrechte Schlüsselstelle. Schade, dass wir gerade da keine Zeit hatten, um das eine oder andere Auge auf die Nacktbaderin unter uns zu werfen :-).
Endlich war es geschafft und Martin holte beim Gipfelstoamandl sogleich seine für mindestens 4 Personen reichende, üppige Jause heraus, die wir uns genußvoll munden ließen. Mindestens ebenso prächtig war der großartige, aus dieser Position ungewohnte Ausblick über den weiten seenreichen Klafferkessel im Westen. Im Osten lag der Kapuzinersee unter uns – an ihm würden wir bei unserem Abstieg vom Waldhorntörl vorbeikommen. Überragt wurde der See, dessen vermutliche Namensherkunft mir von Martin erklärt wurde, vom zerklüfteten, zackenreichen, unzugänglichen Nordgrat des Waldhorns.
Nach der kulinarischen Stärkung und Dutzenden Fotos machten wir uns auf den Weg zurück zu den Seen. Für den Steilabschnitt waren wieder ein bis drei Mut-Ansätze erforderlich, erleichtert erreichten wir dann aber schließlich wohlbehalten die Seelandschaft, wo es Martin gelang, mit bloßer Hand 2 Köstlichkeiten aus dem kühlen Nass zu fischen.
Genial war dann Martins nachfolgende Idee, seinen „Fang“ im Schnee tiefzukühlen. Im Gegensatz zum üblichen „Bierverhalten“, wurde die heutige Köstlichkeit mit jedem Schluck noch besser – ganz zum Schluß hatten wir schon fast Eis im Mund.
Die nächsten Wanderschritte nach diesem Hochgenuß waren dann doch ziemlich zaach, zumal uns unsere Route wieder ein Stück bergwärts Richtung Breite Scharte führte. Also nutzten wir die „Beinschwere“ und angenehme Müdigkeit zunächst einmal für eine weitere ausgiebige Fotosession.
Während Martin beim Weiterweg seine Trinkflasche mit Frischwasser auffüllte, was angesichts der teilweise ziemlich warmen Bächlein gar nicht so einfach war, schweifte ich im Umfeld des Oberen Klaffersees umher, um die großartigen Landschaftseindrücke zu genießen. Hatten wir bislang bei unseren Fototouren auf (Super-)Weitwinkel-Objekte gesetzt, werden wir bei künftigen Wanderungen (offiziel wegen der Tierwelt, in Wahrzeit aber wohl wegen einer attraktiven Nackbaderin) wohl auch ein gutes Tele mit im Gepäck haben :-).
Über die weiteren Details dieser Begegnung möchte ich mich aber in Schweigen hüllen – nur soviel: Der Herbst scheint vor der Tür zu stehen (Stichwort „Hoarwechsel“)
In wenigen Schritten haben wir dann den Übergang über die Breite Scharte erreicht. Auf der anderen Seite geht es zunächst ein kurzes Stück über Blockgestein bergab, und hier treffen wir auf das nächste Pelztier: Ein kleines Murmeltier.
Unter uns der Angersee und der Zwerfenbergsee, südöstlich davon die Deichselspitze.
Das sollten aber noch nicht die letzten Seen der heutigen sehr wasserreichen Wanderung bleiben. Denn schon nach dem nächsten Übergang – dem Waldhorntörl – gab es prächtige Tiefblicke auf den Kapuzinersee. Von nun an sollte es heute nur noch bergab gehen. Sehr steil führt der Steig zunächst hinunter – scheinbar aber nicht zu steil für eine Schafmutter mit ihren entzückenden kleinen Lämmern, die nur aus schlacksigen Beinen und einem niedelichen Köpfchen zu bestehen schienen.
Immer wieder suchen die kleinen an Plüschtiere erinnernden Lämmer Schutz unter Mamas Bauch, entweder aus Scheu oder zum Schutz vor der prallen Sonne oder auch um den einen oder anderen Schluck Muttermilch zu genießen.
Vielleicht waren sie auch etwas verängstigt, da mir Martin heute erzählt hat, dass er durchaus gerne einmal gut gemachtes Schaffleisch schätzt.
Wir lassen die Kleinen bald in Ruhe und steigen hurtigen Schrittes am Kapuzinersee vorbei. Ein letzter Blick auf den Greifenstein, dann folgen wir dem Steig, der sich steil aber unschierig in zahllosen Serpentinen talwärts schlängelt.
Nach dem Zusammenschluß mit dem Wanderweg, der vom Lämmerkar zur Klafferscharte führt, ist es nicht mehr weit und schon bald saßen wir im angenehmen Schatten bei einem herrlich zischenden Bier bei der gut besuchten Preintalerhütte, wo der „erste Hausl“ so manche humorige Anekdote zum Besten gab („Kramerl“).
Entgegen unserer Befürchtung, jetzt wieder mit schweren Beinen zu kämpfen zu haben, ging es nach dieser Erfrischung nun erstaunlich entspannt und geschmeidig weiter – Martin demonstrierte mir den berühmten „Spiderman-Gang„, mit dem schon so mancher Wanderer nach einer zünftigen Einkehr talwärts gelaufen sein soll :-).
Vorbei am Riesachsee, wo einige Angler ihr Glück versuchten, während sich ein kleines Stück neben ihnen die prächtigsten Fische amüsierten, wählten wir für den weiteren Abstieg die Abkürzung über die schattige Route des Höllsteigs, der uns nun aber doch noch einmal kräftig zum Schwitzen brachte.
Entlang dem Riesachfall mit seinen herrlichen Kaskaden erreichen wir schließlich wieder den Ausgangspunkt, von wo wir uns für eine Nachbesprechung zu Martins gemütlicher Terasse auf ein „Limetten-Saftl“ begaben.
Wie bereits eingangs erwähnt, war auch die heurige Gemeinschaftswanderung mit Martin wieder ein rundum gelungenes, in Erinnerung bleibendes Erlebnis.
Nachfolgend noch einmal eine stichwortmäßige Zusammenfassung der wichtigsten Stichworte:
- Pelztiere
- Gams
- Fuchs
- Fischreiher zurück nach Weißenbach
- Schlammsee
- Schlüsselstelle Steilaufschwung
- „Breite Scharte“
- Schnee-Robbe
- „Blitzblank“ – Schaum oder?
- Murmeltier
- Lämmer
- Militär-Wanderer
- Frisch-Zisch
- Hoarwechsel – Herbst
- Lindsey
- Kramerl
- Spiderman
- Rudi verkehrt herum
Herzlichen DANK an Martin für die köstliche, großzügige Bewirtung.
Bisherige Gemeinschaftswanderungen mit Martin
- Krügerzinken – 06.08.2008
- Wildkarsee – 08.09.2009
- Stegerkar – Wildkar – Herzmaierkar – 22.08.2010
- Steinkarzinken – Seekarzinken – Sonntagkarzinken – 10.09.2011
- Engelkarspitze – 06.10.2012
Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian
Tags: Martin, Rohrmoos-Untertal, Schladminger Tauern, Steiermark, Tourenbericht