Der Hebenkas, einer der – wenn nicht DER – abgelegenste und von allen Seiten am weitesten von jeglicher Zivilisation entfernte Berggipfel im zentralen Toten Gebirge stand schon einige Jahre auf meiner Wunschliste.
Bisher wußte ich aber nicht so richtig, wie ich ihn am besten angehen sollte. Sommer-Wanderberichte über die spalten- und dolinenreiche Geröll- und Karstwüste am Hochplateau des Toten Gebirges gab es kaum, viel eher traf ich auf Schilderungen von Winterbegehungen (und diesbezüglich hatte ich ohnehin schon reichlich eigene Erfahrungen) sowie auf Mutmaßungen, wie es im Sommer “da oben” sein könnte.
Deshalb auch gleich vorweg: Vor der Durchschreitung dieses Zentralmassivs des Toten Gebirges im Sommer wird auf diversen Hinweistafeln gewarnt und abgeraten.
Was sich im Winter als ebene Fläche zeigt, schlimmstenfalls durch Windgangeln untergliedet, erweist sich im Sommer als Hürdenlauf über gerillte, erosionszerfressene Felsplatten bzw. über bröselige Steinfelder.
Etliche tiefe Gräben und ausgedehnte Latschenfelder – im Winter mit Schnee aufgefüllt und mit Schi direkt begehbar – erfordern im Sommer mitunter große Umwege. Die Felsen sind scharf und bereits nach kurzen Klettereien beginnen die Handflächen und Fingerspitzen zu brennen. Genauso wie die Fußsohlen, die sich über jedes weiche Wiesenfleckchen freuen, wenn man nach mehr als 16 Stunden Gehzeit wieder in das Ausgangsgebiet bei der Tauplitzalm zurückkehrt.
Rein von den Gehschwierigkeiten selbst – von den kurzen, einfachen Klettereinlagen abgesehen, die man aber auch alle umgehen könnte – handelt es sich bei dieser entlegenen, einsamen Trekkingtour eher um ein einfacheres Unterfangen, die beinahe unzähligen grausligen Dolinenschlünde, an deren Rändern man mehr oder weniger nah vorüberschreitet, sollten allerdings nicht zu sehr beeindrucken und mulmig machen.
Ebenso sollte man sich aus diesem Gebiet fernhalten, wenn man an einer Steinallergie leidet.
Stabiles Schönwetter und beste Sicht ist ebenso absolut unumgänglich wie die reichliche Mitnahme von Getränken.
Und auch wenn man diese karge, unwirtliche und fast unheimlich geräuscharme Mondlandschaft äußerst faszinierend und interessant findet (so wie ich es tue), wird man am Ende dieses langen Wandertages froh sein, auf der Tauplitzalm endlich wieder Kuhglocken und gelegentliches Lachen bei einer der Almhütten zu vernehmen.
Was es dafür zur Genüge in dieser Gegend gibt – viel mehr, als ich je zuvor gesehen habe – sind Gämse.
Eine dermaßen lange und strapaziöse Wanderung, die häufiger – zumindest den Gipfelbucheinträgen am Hebenkas nach zu schließen – mit einer Übernachtung am Hochplateau durchgeführt wird, erfordert einen frühen, einen sehr frühen, einen sehr sehr frühen Start, wenn man die Bergtour an einem einzigen Tag durchführen möchte.
Für mich als Langsamgeher bedeutete das, dass ich bereits um 2 Uhr morgens aufstehen mußte. Da war es natürlich von Vorgeil, dass ich mich am Vortag bei der Almwanderung zum Hohensee geschont hatte.
Über Trautenfels gelangte ich in das steirische Salzkammergut und von Bad Mitterndorf fuhr ich am geöffneten Mautschranken vorbei über die breite, gut ausgebaute Almstraße zum großen Parkplatz auf der Tauplitzalm (ca. 1.600).
Von hier wollte ich eine meiner längsten und größten Wandertouren im Jahre 2009 starten.
Die wenigen Besucher, die den Hebenkas sonst beehren, kommen zwar aus allen verschiedenen Richtungen, die mit Abstand häufigsten Besteiger kamen laut Gipfelbuch aber von Oberösterreich über das Wassertal oder Turmtal herauf.
Anstiege waren aber auch über Großen und Kleinen Hochkasten (mein Besuch des Großen Hochkastens im Anschluß an den Feuertalberg liegt nun auch schon mehr als 1 Jahr zurück) sowie vom Grundlsee über die Kalte Herberg und das Heibastal vermerkt.
Diese letztgenannte Route wollte ich mir dann im Abstieg hinüber zum Brunnkogel ansehen, den ich im Zuge einer Schitour auf Vorderen und Hinteren Ofenkogel sowie auf den Sonnleitstein – ebenfalls von der Tauplitzalm ausgehend – heuer bereits einmal besucht hatte.
Über das Mäuerltal wollte ich dann im Anschluß entlang der Ostseite von Weißer Wand und Plankermira wieder zurück zum Traglhals gelangen, von wo mich der markierte Wanderweg wieder hinab zu den Steirerseehütten und mit einem kurzen Gegenanstieg auf das Plateau der Tauplitzalm bringen würde.
Zunächst aber zurück zum Start: Der Mond war zwar heute bei weitem nicht mehr so groß und leuchtend wie bei meinem Vollmond-Start in das Tennengebirge auf Tauernkogel, Bleikogel und Großem Breitstein, die schmale Sichel spendete aber vor allem im Bereich des Ausgangspunktes um die Tauplitzalm auf der anfangs asphaltierten, später schottrigen Straße zu den Steirerseehütten ausreichend Licht, um größtenteils auf die Stirnlampe verzichten zu können.
Mein ungefährer Zeitplan sah vor, dass ich das erste gefährliche Dolinenfeld im Bereich um das Jungbauerkreuz bereits im Licht der Morgendämmerung erreichen sollte.
Für den Aufstieg auf den Hebenkas habe ich etwa 7 bis 8 Stunden eingeplant, und noch vor Einbruch der Dunkelheit am Abend wollte ich das Karstgebiet wieder hinter mir lassen.
Die ersten Sonnenstrahlen begrüßten mich im Umfeld des Schwaigbrunn, wo ich die markierte Route auf das Große Tragl verließ, um zunächst ein kurzes Stück den Schimarkierungen (hohe Stangen) Richtung Norden zu folgen.
Westlich der Brieglersberge und Kraxenberge wollte ich mich im weiteren Verlauf auf den Mitterberg durcharbeiten.
Von hier erreicht man über einen kurzen Abstecher den Hochplanberg, um später zum Vermessungszeichen am Hebenkas mit gleich 2 Gipfelbüchern aufzusteigen.
Abgesehen von den Anforderungen an den Orientierungsinn und die Kondition stellt der kurze, schmale Gratübergang zum Hochplanberg bzw. der Ausweicher über die westliche Felsflanke die einzige nennenswerte Schwierigkeit der Tour dar.
Landkartenausschnitte © BEV 2009, Vervielfältigt mit Genehmigung des BEV © Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien, T2009/52304
Während also im unteren Abschnitt Anstiegs- und Abstiegsweg identisch sind, habe ich oben am Plateau eine Überschreitungsrunde entgegen dem Uhrzeigersinn, zunächst von Süd nach Nord, dann von Ost nach West und wieder zurück nach Süd durchgeführt.
Weitere Tourendetails und alle Fotos findet Ihr im Tourenalbum, die Statistikdaten gibt es im Tourenbuch.
Liebe Grüße – Dein / Ihr / Euer Christian